Auch in diesem Blog widme ich mich der Beantwortung von Fragen, die uns von unserem Publikum gestellt wurden.
Wir wurden schon des Öfteren gefragt, warum wir während der Konzerte vor einigen Stücken die Plätze tauschen und ohne Dirigat spielen. Diese beiden Fragen hängen tatsächlich zusammen.
Wie ich ja schon geschrieben hatte, gibt es in einem Bläseroktett jede Stimme (bis auf die des 2. Fagottes) genau einmal. Die unterschiedlichen Stimmen haben unterschiedliche Funktionen, manche Stimmen, die hohen, sind eher öfter führend als andere, also insbesondere die 1. Oboe und die 1. Klarinette. Darum sitzen diese beiden Stimmen jeweils (vom Publikum aus gesehen) links und rechts außen. Erstens hört man sie dann besser und zweitens sind sie vom Ensemble aus besser zu sehen, da der Blick von allen zu ihnen ausgerichtet ist. Dies ist insofern wichtig, als sie z.B. die meisten Einsätze geben, Tempoangaben machen, Tempoveränderungen führen können oder auch das Ende eines Klanges zeigen. Da wir innerhalb eines Programmes alle gern unterschiedliche Funktionen wahrnehmen wollen, tauschen wir öfter die Stimmen, so dass jede_r in einigen Stücken die erste bzw. zweite Stimme spielt. Da es für alle Stimmen feste Sitzordnungen gibt, die sich aus unterschiedlichen Aspekten heraus begründen lassen, kommt es ab und zu zum Tausch der Plätze.
Zu den Sitzordnungen werde ich auch noch schreiben. Heute belassen wir es aber erst einmal dabei, warum die beiden hohen ersten Stimmen außen sitzen sollten, denn da sind wir auch schon beim Thema: Dirigat.
Wir spielen ohne Dirigat, weil dies eine intensive musikalische Kommunikation der Spieler_innen ermöglicht und auch erforderlich macht, was zu einer Lebendigkeit des Vortrages beiträgt. Die Spieler_innen eines Oktetts sind ja quasi 8 Solist_innen, die vom Publikum ganz unmittelbar erlebt werden können, ohne dass irgendeine Dirigentin/ irgendein Dirigent den Blick in dieses Halbrund stören könnte. Entsprechend hat uns unser Publikum auch schon oft zurück gemeldet, wie spannend es sei, die Kommunikation zwischen den Spielenden zu erleben und fasziniert nachvollziehen zu können, wer nun gerade die Einsätze gibt bzw. welche Stimmen sich gerade ganz besonders koordinieren müssen, da sie gemeinsame musikalische Aufgaben erfüllen, wie z.B. unisono (also einstimmige) Melodien zusammen oder rhythmisch gleiche oder sich ergänzende Figuren spielen oder gemeinsame Auftakte zu geben haben etc.
Während der Proben werden wir von Elisabeth dirigiert und ein wesentlicher Teil der Probenarbeit besteht dann auch darin, die Stücke so gut zu kennen, dass sich das Ensemble dann letztlich auch gemeinsam koordinieren kann, ohne Dirigat. Das bedeutet, dass man nicht nur seine eigene Stimme genau kennt, sondern auch die der anderen gut genug, um zu wissen, wann welche akustischen Ereignisse zusammen oder eben nicht zusammen erklingen sollen. Die Gruppengröße ist so ziemlich die Grenze dessen, was überhaupt noch ohne Dirigentin/Dirigent zu leisten ist, weil sich mit noch mehr Mitspielenden die musikalische Komplexität gar nicht mehr wirklich erfassen ließe, insoweit reicht allein das Blickfeld der einzelnen gar nicht aus. Mit Menschen, die „einem im Rücken sitzen“ bzw. 10 Meter entfernt ohne Blickkontakt, lässt sich nicht wirklich musikalisch kommunizieren ohne eine vermittelnde Instanz. Diese Vermittlung wird in einem Orchester von einer Dirigentin oder einem Dirigenten übernommen und wir schaffen das noch allein…